Pflegewegweiser für Angehörige: Finanzielle Entlastung und Unterstützung erhalten
Die Pflege eines nahestehenden Menschen erfordert viel Zeit, Energie und Hingabe. Gleichzeitig stehen pflegende Angehörige vor erheblichen emotionalen, physischen und teilweise finanziellen Herausforderungen. Um diese anspruchsvolle Aufgabe bewältigen zu können, ist es wichtig zu wissen, welche Unterstützungsmöglichkeiten bestehen. Dabei hilft Ihnen unser Wegweiser für die Angehörigenpflege.
Die finanzielle Unterstützung für pflegende Angehörige steht dabei besonders im Fokus. Es gibt jedoch noch weitere Entlastungsangebote, die Ihnen helfen können, Ihre Angehörigen bestmöglich zu versorgen und gleichzeitig Ihre eigene Lebensqualität zu erhalten.
Finanzielle Unterstützung:
Lohn für pflegende Angehörige: Schon im August 2020 hielt das Bundesamt für Gesundheit BAG in einer Publikation fest: “Betreuende Angehörige sind eine unverzichtbare Säule der Schweizer Gesundheitsversorgung. Das freiwillige Engagement der schätzungsweise 600.000 betreuenden Angehörigen im Wert von rund 3,7 Milliarden Franken pro Jahr entlastet das Budget der öffentlichen Hand enorm.”
Dennoch bietet vor allem die Anstellung pflegender Angehöriger durch Unternehmen und Organisationen mit Spitex-Bewilligung nach wie vor das grösste finanzielle Entlastungspotential für die Pflegenden. Diese Unternehmen bezahlen pflegenden Angehörigen für die durch sie geleistete Grundpflege (KLV-C) einen Stundenlohn, welcher sich in aller Regel am Satz der Assistenzbeiträge der IV orientiert. Einige Unternehmen wie z.B. die IAHA bezahlen sogar bis zu CHF 36.- pro Stunde. Das Unternehmen Pflegewegweiser wirbt mit einem Stundenlohn von CHF 37.90, wobei hier jedoch bereits das Feriengeld enthalten ist, der tatsächliche Bruttolohn mit CHF 35.- also wieder niedriger ausfällt.
Aufgrund gesetzlicher Erfordernisse ist es notwendig, dass pflegende Angehörige die Pflegeleistungen unter Weisung und unter Anleitung durch das abrechnende Spitex-Unternehmen erbringen. Am Umfang der gewährten Unterstützung und Begleitung (telefonisch sowie vor Ort) sowie bei Aus- und Weiterbildung zeigen sich in der Praxis die Qualitätsunterschiede der mittlerweile zahlreichen Anbieter von “Lohn für pflegende Angehörige”.
Pflegende Angehörige müssen binnen eines Jahres ein Pflegehelfer-Zertifikat erwerben, was vor allem Angehörige mit mangelnden Sprachkenntnissen der Landessprache(n) der Schweiz vor Probleme stellen kann. Diese Kurse werden online oder als Kombination mit Präsenzunterricht angeboten und die Kosten dafür werden, je nach Anbieter, ganz oder teilweise übernommen.
Auch pflegende Angehörige müssen ihre (grund-)pflegerischen Tätigkeiten in einem zur Verfügung gestellten Erfassungssystem dokumentieren, damit die abrechnenden Spitex-Unternehmen ihrer Aufzeichnungspflicht gegenüber den Krankenkassen nachkommen können. Diese elektronischen Systeme sind unterschiedlich leicht zu bedienen, was ebenfalls ein Kriterium bei der Wahl des Anbieters darstellen sollte.
Betreuungsgutschriften: Betreuungsgutschriften sind keine direkten Geldleistungen, sondern werden als fiktives Einkommen bei der Rentenbildung berücksichtigt. So soll pflegenden Angehörigen ermöglicht werden, im Alter selbst eine höhere Rente zu erreichen.
Anspruch auf Betreuungsgutschriften haben dabei all jene, die nicht mehr als 30 km von ihren pflegebedürftigen Verwandten entfernt leben oder nicht mehr als eine Stunde benötigen, um diese zu erreichen. Dabei müssen Sie und die pflegebedürftige Person sich während mindestens 180 Tagen im Jahr in dieser Wohnsituation befinden.
Als Verwandte gelten: Ehepartner, Kinder, Eltern, Geschwister, Grosseltern, Urgrosseltern, Enkel, Schwiegereltern, Stiefkinder sowie ein Lebenspartner, mit der die versicherte Person seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen im gleichen Haushalt lebt. Als pflegebedürftig gelten Verwandte, wenn diese von der AHV, der IV, der Unfall- oder der Militärversicherung eine Hilflosenentschädigung beziehen. Der Hilflosenentschädigung gleichgestellt ist die Hilflosenentschädigung an pflegebedürftige Minderjährige.
Hilflosenentschädigung:Die Hilflosenentschädigung kann von der pflegebedürftigen Person beantragt werden, wenn diese seit mindestens einem Jahr auf regelmässige Hilfe im Alltag angewiesen ist. Die Höhe der Entschädigung hängt vom Grad der Hilflosigkeit ab und kann zur Finanzierung der Pflege durch Angehörige verwendet werden. Es ist wichtig zu wissen, dass die Hilflosenentschädigung unabhängig von Einkommen und Vermögen ausbezahlt wird und steuerfrei ist.
Tipp: Führen Sie halbjährlich einen umfassenden Finanzcheck durch. Überprüfen Sie dabei nicht nur Ihre aktuellen Ausgaben und Einnahmen, sondern auch langfristige finanzielle Auswirkungen der Pflegesituation. Berücksichtigen Sie zudem mögliche Veränderungen in Ihrer beruflichen Situation und deren Auswirkungen auf Ihre Altersvorsorge. Eine professionelle Beratung kann Ihnen helfen, versteckte Fördermöglichkeiten aufzudecken und Ihre finanzielle Planung zu optimieren.
Kantonale Unterstützung:
Viele Kantone bieten zusätzliche finanzielle Hilfen für pflegende Angehörige an. Diese können von Pflegezulagen über Entlastungsdienste bis hin zu speziellen Förderprogrammen reichen. Die Angebote und Voraussetzungen variieren stark von Kanton zu Kanton. Es lohnt sich daher, sich bei der kantonalen Verwaltung oder lokalen Beratungsstellen über die spezifischen Möglichkeiten in Ihrer Region zu informieren.
Weitere Entlastungsangebote:
Tages- und Nachtstrukturen:
Tages- und Nachtstrukturen sind eine wertvolle Option bei der Entlastung pflegender Angehöriger. Viele Pflegeheime und spezialisierte Einrichtungen bieten Tages- oder Nachtbetreuung an. Die pflegebedürftige Person kann so für einige Stunden oder über Nacht professionell betreut werden, während pflegende Angehörige Zeit für sich haben oder ihrem Beruf nachgehen können.
Kurzzeitpflege:
Die Kurzzeitpflege ist eine Form der stationären Pflege, bei der die pflegebedürftige Person für einige Tage oder Wochen in einer Pflegeeinrichtung betreut wird. Dies ermöglicht pflegenden Angehörigen, Urlaub zu machen, sich zu erholen oder andere wichtige Verpflichtungen wahrzunehmen. Kurzzeitpflege kann auch in Situationen genutzt werden, in denen die pflegende Person selbst krank ist oder aus anderen Gründen vorübergehend die Pflege nicht übernehmen kann.
Freiwilligendienste:
In vielen Gemeinden gibt es zudem Freiwilligendienste, die stundenweise Betreuung oder Entlastung anbieten. Diese können eine wertvolle Ergänzung zu professionellen Diensten sein und bieten oft auch soziale Kontakte und Aktivitäten für die Pflegebedürftigen.
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf:
Gesetzliche Regelungen:
Seit 2021 haben Arbeitnehmende in der Schweiz gesetzlich verankerte Rechte in Bezug auf die Pflege von Angehörigen. Dazu gehört der Anspruch auf bezahlte Kurzabwesenheiten für die Betreuung von Angehörigen von bis zu drei Tagen pro Ereignis und maximal zehn Tagen pro Jahr. Für die Betreuung von schwer erkrankten oder verunfallten Kindern gibt es zudem die Möglichkeit eines längeren bezahlten Urlaubs von bis zu 14 Wochen.
Flexible Arbeitsmodelle:
Viele Arbeitgeber bieten darüber hinaus flexible Arbeitsmodelle an, die es erleichtern können, Pflege und Beruf zu vereinbaren. Dazu gehören Teilzeitarbeit, flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit zum Home-Office. Es ist wichtig, offen mit dem Arbeitgeber über die jeweilige Situation zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die sowohl den persönlichen Bedürfnissen als auch denen des Unternehmens gerecht werden.
Langfristige finanzielle Planung:
Bei der Anpassung der Arbeitssituation ist es wichtig, auch die langfristigen finanziellen Auswirkungen zu berücksichtigen. Eine Reduzierung der Arbeitszeit kann sich nicht nur auf das aktuelle Einkommen, sondern auch auf die Altersvorsorge auswirken. Lassen Sie sich zu diesem Thema von Fachpersonen beraten, um langfristige finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Rechtliche Absicherung:
Vorsorgeauftrag:
Der Vorsorgeauftrag ist ein wichtiges Instrument, mit dem die pflegebedürftige Person festlegen kann, wer sich im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit um ihre persönlichen, finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten kümmern soll. Der Vorsorgeauftrag muss entweder vollständig handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet werden. Er tritt erst in Kraft, wenn die Person urteilsunfähig wird und das Erwachsenenschutzgericht den Auftrag validiert hat.
Patientenverfügung:
Eine Patientenverfügung ermöglicht es, Wünsche für medizinische Behandlungen im Falle der Urteilsunfähigkeit festzuhalten. Dies kann Entscheidungen über lebenserhaltende Massnahmen, Schmerztherapie oder den Sterbeort umfassen. Eine Patientenverfügung entlastet nicht nur die Angehörigen in schwierigen Entscheidungssituationen, sondern stellt auch sicher, dass der Wille des Patienten respektiert wird.
Vollmachten:
Vollmachten können es Ihnen ermöglichen, im Namen der pflegebedürftigen Person zu handeln, z.B. bei Behörden oder Banken. Es ist wichtig, dass diese Vollmachten rechtzeitig und in der korrekten Form erteilt werden, solange die pflegebedürftige Person noch urteilsfähig ist.
Selbstfürsorge und psychologische Unterstützung:
Kurse für pflegende Angehörige:
Kurse für pflegende Angehörige bieten nicht nur praktisches Wissen zur Pflege, sondern oft auch Module zur Stressbewältigung und zum Selbstmanagement. Diese Kurse werden häufig von Angehörigen-Organisationen wie der IAHA oder AsFam, Krankenkassen oder kantonalen Stellen angeboten und sind oft kostenlos oder stark vergünstigt.
Selbsthilfegruppen:
Selbsthilfegruppen können eine wertvolle Ressource sein. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr entlastend wirken und praktische Tipps für den Pflegealltag liefern. In vielen Regionen gibt es spezielle Gruppen für pflegende Angehörige, die von Fachpersonen geleitet werden.
Psychologische Beratung:
Psychologische Beratung oder Psychotherapie kann helfen, mit den emotionalen Herausforderungen der Pflege umzugehen. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für psychologische Unterstützung, wenn diese von einem Arzt verordnet wird. Scheuen Sie sich nicht, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie die Situation überfordert.
Hinweis: Jede Pflegesituation ist einzigartig, weshalb es hilfreich sein kann, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, um die für Sie passenden Unterstützungsmöglichkeiten zu finden.