3. Rechtlicher Rahmen in der Schweiz
In der Schweiz sind Ergänzungsleistungen (EL) durch das Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) geregelt. Diese Gesetzgebung bildet die Basis für die Bereitstellung finanzieller Unterstützung an Senioren und Menschen mit Behinderungen. Das ELG definiert, wer Anspruch auf Ergänzungsleistungen hat und legt die Bedingungen für deren Berechnung und Auszahlung fest.
Eine wichtige Rolle spielt zudem das Krankenversicherungsgesetz (KVG), insbesondere im Zusammenhang mit medizinischen Pflegeleistungen, die ärztlich verordnet werden. Gemäss Artikel 49 bzw. Artikel 51 der Krankenversicherungsverordnung (KVV) benötigen selbständige Pflegefachkräfte und Spitex-Organisationen eine kantonale Bewilligung, um Leistungen erbringen zu dürfen.
Rechtlicher Unterschied zwischen Betreuungs- und Pflegeleistungen
Es ist wichtig, zwischen Pflege- und Betreuungsleistungen zu unterscheiden, da sie unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen. Sind die Pflegeleistungen medizinischer Natur müssen diese durch Fachkräfte erbracht werden. Aber auch die Unterstützung bei Alltagsverrichtungen der Grundpflege wie Anziehen, Waschen und bei der Hygiene sind durch die obligatorische Grundsicherung bei der Krankenversicherung gedeckt, sofern diese auf ärztliche Anordnung erfolgen und von einer kantonal bewilligten Person oder Organisation ausgeführt werden. So soll eine geregelte und qualitätsgesicherte Pflege-Versorgung sichergestellt werden.
Betreuungsleistungen hingegen umfassen nicht-medizinische Unterstützung im täglichen Leben, wie Hilfe beim Einkaufen, Kochen oder bei sozialen Aktivitäten. Da solche Leistungen nicht durch die Krankenversicherung abgedeckt sind, können Ergänzungsleistungen hier eine wichtige finanzielle Entlastung bieten.
Hinweis: Betreuungsleistungen können besonders wertvoll für Senioren sein, die zwar eine Unterstützung im Alltag benötigen, jedoch keine intensiven medizinischen Pflegeleistungen in Anspruch nehmen. Die Pflegevermittlung Schweiz berät Sie, welche Kosten durch Ergänzungsleistungen abgedeckt werden können und welche Leistungen kassenpflichtig erbracht werden können.
Rolle der kantonalen Bewilligungen und Spitex-Organisationen
Kantonale Bewilligungen sind für alle Spitex-Organisationen und selbständige Pflegefachkräfte notwendig, die Pflegeleistungen gemäss KVG anbieten möchten. Diese Bewilligungen stellen sicher, dass die Anbieter bestimmte Qualitätsstandards einhalten und sich an geltende Vorschriften halten. Ungeachtet dessen ist die Zahl der privaten Spitex-Anbieter in den letzten Jahren markant angewachsen.
Lokale Spitex-Organisationen sind häufig erste Ansprechpartner für Senioren und ihre Angehörigen, wenn es um die Pflege und Betreuung zu Hause geht. Auf Basis ihrer kantonalen Bewilligungen fungieren sie als Leistungserbringer und sind berechtigt, durch die Krankenversicherung gedeckte Pflege-Leistungen direkt abzurechnen.
Hinweis: Die Vergabe kantonaler Bewilligungen stellt sicher, dass Pflegefachkräfte und Spitex-Organisationen hohen Qualitätsstandards entsprechen und die notwendigen Voraussetzungen zur Erbringung von Pflegeleistungen erfüllen.
Aktuelle Entwicklungen
In jüngster Zeit hat sich der rechtliche Rahmen weiterentwickelt, um den veränderten Bedürfnissen älterer Menschen und neuen Wohnformen Rechnung zu tragen. Ein wichtiger Meilenstein war die Überweisung der Motion „18.3716 Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen“ im Dezember 2019. Diese Motion beauftragte den Bundesrat, Vorschläge zur Finanzierung von betreutem Wohnen über Ergänzungsleistungen zur AHV zu erarbeiten.
Auf Bundesebene sind derzeit folgende Entwicklungen zu beobachten:
- Der Bundesrat hat im Mai 2024 erste Vorentscheide zur Umsetzung der Motion getroffen. Er plant, eine Pauschale für Betreuung einzuführen, die über das Instrument der Krankheits- und Behinderungskosten finanziert werden soll.
- Der Leistungskatalog soll erweitert werden und unter anderem Mietzuschläge für altersgerechte Wohnungen, Vergütungen für Wohnungsanpassungen, Notrufsysteme, Haushaltshilfen, Mahlzeitendienste sowie Fahr- und Begleitdienste umfassen.
- Die Vorlage soll im Herbst 2024 dem Parlament vorgelegt werden.
Parallel dazu gibt es auf kantonaler Ebene bereits konkrete Fortschritte:
- Der Kanton Zürich hat am 28. Mai 2024 eine Verordnungsanpassung beschlossen, die ab 1. Januar 2025 eine erweiterte Finanzierung von Betreuungsleistungen über die Ergänzungsleistungen (in Zürich „Zusatzleistungen“ genannt) ermöglicht. Diese umfasst auch psychosoziale Betreuung und Begleitung.
- Der Kanton Luzern hat mit seinem Modell „Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen“ ebenfalls eine innovative Lösung zur finanziellen Unterstützung von Betreuungsleistungen eingeführt.
Diese kantonalen Initiativen zeigen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen zunehmend flexibler gestaltet werden, um den individuellen Bedürfnissen älterer Menschen besser gerecht zu werden und verschiedene Wohnformen zu ermöglichen. Daher ist zu erwarten, dass sich der rechtliche Rahmen in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird, um eine ganzheitliche Betrachtung der Betreuung im Alter zu ermöglichen und die Finanzierung für alle Wohnformen sicherzustellen. Dabei wird es darauf ankommen, Fehlanreize zu beseitigen und psychosoziale sowie agogisch-aktivierende Betreuungsleistungen angemessen zu berücksichtigen.